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VR
MEDICUS
PRAXIS-TIPP / APOTHEKER- UND ÄRZTETAG.
Holger Hille
Dipl.-Volkswirt, Leiter Fachbereich
Steuern/Unternehmensnachfolge
GeNe GmbH, privates Fachinstitut für
Vermögens- und Unternehmensnachfolge
www.gene-institut.dezwangszuversteigern, der Erlös ist dann zu teilen. Soll die Pra-
xis verkauft werden, können insbesondere durch nicht vor-
handene Regelungen hervorgerufene Erbengemeinschaften
zu Schwierigkeiten führen. Es muss eine letztwillige Verfü-
gung errichtet werden. Die Anordnung einer Testaments-
vollstreckung kann sinnvoll sein. Dabei muss allerdings immer
auch der Aspekt der optimalen Hinterbliebenenabsicherung
in Form des Kaufpreises der Arztpraxis berücksichtigt wer-
den. Die sofortige Veräußerung einer Praxis nach dem Tod ei-
nes Arztes durch die Erben ist Betriebsveräußerung, die den
Erben zugerechnet wird. Damit vom Kaufpreis nach Steuer
mehr übrig bleibt, müssen bei der Erstellung der letztwilligen
Verfügung bestimmte altersabhängige Steuerentlastungen
(Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG, ermäßigter Steuersatz
gem. § 34 Abs. 3 EStG) in die Überlegungen einbezogen wer-
den. Das Berliner Testament kann passen, ist bei entsprechen-
dem Vermögen erbschaftsteuerlich aber problematisch und
muss optimiert werden. Zudem müssen Pflichtteilsansprüche
beim Berliner Testament berücksichtigt werden.
Bei einer Berufsausübungsgemeinschaft sind Besonderhei-
ten zu beachten. Ist im Gesellschaftsvertrag einer GbR für
den Fall des Todes eines Gesellschafters nichts geregelt, wird
die Gesellschaft gem. § 727 BGB aufgelöst. Es besteht Rege-
lungsbedarf. In der Regel wird sich eine Fortsetzungsklausel
anbieten, die viele bestehende Gesellschaftsverträge heute
oder Depressionen wird weiter ansteigen, „chronic care“ wird
zum Schwerpunkt werden. Auf diese Entwicklung ist unser
Gesundheitswesen noch nicht ausreichend vorbereitet –
neue Versorgungskonzepte sind daher notwendig.
Rückblick: Ärzte- und Apothekertag 2017
Am 5. April fand der 9. Ärzte- und Apothekertag der VR-Bank Kreis Steinfurt eG statt. Zu Gast waren Pharma- und
Apothekenkritiker Prof. Gerd Glaeske und der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbands, Herr Ulrich Weigeldt.
Diese referierten zum Thema „Arzneimittelversorgung, Arzneimittelmanagement und Medikationsplan“.
V. l.: Jan Soller, Ulrich Weigeldt, Prof. Gerd Glaeske, Jürgen Feistmann.
Unser Gesundheitssystem schneidet auch im internationa-
len Vergleich nach wie vor gut ab, insbesondere im Bereich
der Notfall- und Akutmedizin. Es gibt aber auch Defizite, die
insbesondere für die Zukunft der Patientenversorgung von
besonderer Bedeutung sind: Es mangelt an Kooperation und
Koordination der unterschiedlichen Behandlungsebenen –
nicht nur zwischen dem stationären und ambulanten Sektor,
sondern auch innerhalb der ärztlichen Fachgruppen in der
vertragsärztlichen Versorgung. Der am 1. Oktober 2016 ein-
geführte Medikationsplan für Versicherte mit drei und mehr
verordneten Arzneimitteln macht zudem deutlich, dass insbe-
sondere auch die Apotheker hätten stärker einbezogen wer-
den müssen, um die Therapiesicherheit der Patienten zu ver-
bessern. Die Zukunft der Versorgung in unserem System wird
„chronisch“ sein, die Anzahl älterer Menschen mit dauerhaft
zu behandelnden Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck
schon enthalten. Die Fortsetzungsklausel führt dazu, dass im
Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft unter
den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wird. Der
Anteil des Verstorbenen wächst den verbleibenden Mitge-
sellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile an. Die Erben des
verstorbenen Gesellschafters haben einen schuldrechtlichen
Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft. Die Zahlung
des Abfindungsguthabens ist Bestandteil des Nachlasses. Die
Zahlung der Abfindung kann zu erheblichen Liquiditätsbe-
lastungen führen. Zur Absicherung können z. B. Risikolebens-
versicherungen wechselseitig abgeschlossen werden. Gehört
das Praxisgrundstück einem Gesellschafter, handelt es sich
um Sonderbetriebsvermögen I. Hier drohen empfindliche
Ertragsteuerbelastungen für die Erben, da das Praxisgrund-
stück im Erbfall grundsätzlich zu Privatvermögen wird.
Im nächsten VR MEDICUS lesen Sie u. a.: „Nachfolge in Arzt-
praxen (2): Die lebzeitige Praxisnachfolge“