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VR

MEDICUS

MEDIZINPRODUKTE.

deutlichen Zusammenhang zwischen Bild und Text mit einer

räumlich nahen und logischen Bildreihenfolge geben. Wich-

tig ist, dass inhaltlich zusammenhängende Informationen

nicht durch einen Absatz- oder Seitenwechsel voneinander

getrennt werden, da dies zu Verwirrung und Handhabungs-

schwierigkeiten führen kann. Das Beispiel in Abbildung 1

zeigt den nachskizzierten Ausschnitt einer Anleitung für han-

delsübliche Augentropfen, wobei die zusammengehörigen

Anwendungshinweise zum einen am Ende der Vorder- und

zum anderen am Anfang der Rückseite zu finden sind. Die

Tatsache, dass die Bildunterschriften von Schritt 4 und 5 kaum

von dem angrenzenden Fließtext zu unterscheiden sind, stellt

eine weitere Schwachstelle der Anleitung dar. Der linke Teil

1A zeigt mit einem grünen Pfeilverlauf, wie die korrekte Lese-

richtung der Anleitung wäre, wohingegen der rechte Teil 1B

mit einem roten Pfeilverlauf aufzeigt, wie die Anleitung bei

diesem Layout auch gelesen werden könnte.

Deutsche Sprache, schwere Sprache

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass Anwender und Ent-

wickler bzw. die Autoren einer Gebrauchsanleitung häufig

eine unterschiedliche Sprache sprechen. Ist ein Text eher im

„Fachchinesisch“ als in einfacher und klarer deutscher Sprache

geschrieben, ist der Satzbau eher lang und verschachtelt als

kurz und prägnant oder gibt es erst gar keine deutsche, son-

dern nur fremdsprachige Anleitungen, so kann es zu Unver-

ständlichkeiten oder Missverständnissen und damit zu Fehl-

bedienungen kommen. Damit die Texte einfach zu verstehen

sind, sollten unnötige Anglizismen, Fachbegriffe und Abkür-

zungen vermieden werden, vielmehr soll eine dem Anwen-

der vertraute Sprachform gewählt werden. Sofern dies nicht

umgangen werden kann, ist eine Erklärung der Fachbegriffe

bzw. ein Abkürzungsverzeichnis unabdingbar.

Geht man davon aus, dass eine Gebrauchsanleitung nach nor-

mativen Vorgaben entwicklungsbegleitend und unter Einbe-

ziehung potenzieller Endanwender erstellt wird, so bedeutet

dies noch nicht, dass alle Hürden genommen wurden. Was

bleibt, ist die Übersetzung in die Sprachen der Zielmärkte.

Das Beispiel (Abb. 2) zeigt, was ein einziger Übersetzungsfeh-

ler für Folgen haben kann. Ein Hersteller einer Insulinpumpe

musste im Dezember 2010 eine Sicherheitswarnung heraus-

geben, da es in der Gebrauchsanleitung einen schwerwie-

genden Übersetzungsfehler gab. Das Problem bestand da-

rin, dass bei nicht erfolgter Dekonnektion des Infusionssets

eine unkontrollierte Bolusgabe erfolgen könnte, während

der Pumpenkolben zurückfährt. Dies kann lebensbedrohliche

Folgen haben.

Ein Vorfall, der im Jahr 2007 dazu führte, dass in einem

französischen Krankenhaus vier Patienten infolge schwerer

Strahlenschäden durch Behandlungsfehler starben, ist nicht

fiktiv. Aufgrund einer falschen Interpretation der englischen

Gebrauchsanleitung durch den Übersetzer, kam es zu diesem

schwerwiegenden Behandlungsfehler. Deswegen stellt die

verständliche Erstellung und Übersetzung der Begleitdoku-

mentation eine Aufgabe mit Verantwortung dar, mit der Me-

dizinproduktehersteller konfrontiert werden.

Verständliche Symbole sind Mangelware

Trotz dieser bekannten Fakten, unterschätzen viele Unter-

nehmen die Herausforderungen einer verständlichen Über-

setzung. Selbst bei Einhaltung der grammatikalischen Regeln

der entsprechenden Sprache reicht eine wortwörtliche Über-

setzung nicht aus. Es muss eine inhaltlich richtige, sinnvolle

und

für die vorgesehene Anwendergruppe in dem spezifi-

schen Land verständliche Übersetzung erstellt werden. Hier-

bei spielen neben der rein sprachlichen Ebene auch die kultur-

kreisspezifischen Unterschiede eine große Rolle. Ein Beispiel

für die Nicht-Beachtung von kulturkreisspezifischen Merkma-

len ist z. B. die Fehldeutung des Symbols einer durchgestriche-

nen schwangeren Frau auf einer Contergan-Verpackung in

den 1960er Jahren. Dieses Symbol war auf dem Etikett eines

Abbildung 2:

Auszug aus der Sicherheitswarnung einer Insulinpum-

pe mit falscher und korrekter Übersetzung.

Abbildung 1:

Durch Seitenumbruch getrennte Anwendungshin-

weise am Ende der Vorderseite und am Anfang der Rückseite, mit

richtiger Leserichtung (1A) und möglicher falschen Leserichtung (1B).